Borderline
Das Wort stammt aus dem Englischen und bedeutet Grenzlinie.
Grenzwertig, ja, so könnte man uns bezeichnen, denn wir leben ständig an der Schwelle der Extreme. Die Welt ist schwarz und weiß, Grautöne existieren nicht; man ist gut gelaunt, oder tief traurig; man liebt über die Maße, oder hasst jemanden; Menschen, eine Situation, oder etwa das eigene Leben, ist entweder gut, oder schlecht.
Und die Wahrheit ist, dass die Mehrheit der Betroffenen mit zweierlei Maß messen, wobei das traurige daran ist, dass sie meistens schlecht abschneiden und einfach nicht gewinnen können in der Welt, mit den Regeln, die sie sich selbst geschaffen haben.
In den Köpfen der Borderline-Erkrankten, die auch Borderliner (oder ganz unverfroren ebenfalls Bordis) genannt werden, besteht deshalb oft der Drang, die eigene Enttäuschung durch Wutausbrüche anderen gegenüber auszudrücken. Oder sich selbst zu bestrafen, da für sie selbstverständlich ist, dass jede ihrer Taten oder gesprochenen Worte falsch ist und nur Schaden anrichtet.
Häufige Symptome der Erkrankung
- selbstverletzendes Verhalten (das sich in schneiden bzw. „ritzen“, verbrennen, schlagen, würgen etc. äußern kann). Selbstverletzendes Verhalten muss aber nicht zwingend eine körperliche Form haben aus kann sich auch wie folgt äußern
- Hochrisikoverhalten (zu schnelles Auto fahren, auf Brückengeländern balancieren, häufig wechselnde Sexualpartner, ohne zu schauen die Straße überqueren),
- ein gestörtes Essverhalten (beispielsweise längeres Hungern, Essanfälle, erbrechen),
- Alkohol- oder Drogenmissbrauch und
- Suizidalität.
Nun könnte man sich fragen, aus welchen Gründen sich jemand das alles freiwillig antut, oder warum sich jemand aus freien Stücken so eine Welt gestalten würde.
Aber genau so, wie man sich Depressionen, oder gar Krebs einfach nicht raussuchen kann, machen Borderliner dies ebenfalls nicht mutwillig. Diese impulsiven und selbstschädigenden Verhaltensweisen sind im Grunde genommen nichts anderes, als fehlgeschlagene Versuche, mit schmerzlichen Gefühlen umzugehen, denn Borderline ist grob gesagt eine Störung der Emotionsregulation.
Dies ist nicht nur für das soziale Umfeld schwierig, sondern vor allem auch für die Betroffenen selbst, da es ihnen (ohne Therapie und lange geübter Achtsamkeit sich selbst gegenüber) kaum möglich ist abzusehen, wann und wo es so weit sein wird, dass sie unter Hochspannung geraten.
Der Hochspannungsbereich definiert die Art innerer Anspannung, bei der es für Borderliner kein Zurück mehr gibt und der einzige Weg, die Anspannung zu mindern, die Anwendung des selbstschädigenden Verhaltens zu sein scheint. Das verzwickte bei der ganzen Thematik ist, dass es funktioniert.
Deshalb finden Betroffene es schwer zu akzeptieren, dass es besser wäre dieses Verhalten abzulegen und dass sogenannte Skills zu erlernen, die gleiche Wirkung, also die Anspannung zu mindern, haben können, ohne sich dabei dauerhaft zu schaden.
Skills sind gewisse Fähigkeiten, die einem beispielsweise im DBT-Programm (dialektisch-behaviorale Therapie von M. Linehan) gezeigt werden. Die allerdings für jeden individuell wirksam sind, und die als Ersatz des dysfunktionalen Verhaltens dienen (etwa körperliche Reize, mit eiskaltem Wasser duschen, Chilischoten essen, oder einen Igel ball festdrücken, aber auch sogenannte Hirn-Flickflacks, wie Rechenaufgaben, in Siebener-Schritten von 100 rückwärts zählen, oder Wortketten bilden).
Natürlich klingt, dass alles viel leichter als es in Wirklichkeit ist. Aber es lohnt sich die ganze Mühe und Arbeit zu investieren.
Das wichtigste ist, ein großes Stück Lebensqualität und Selbstwert zurück zu gewinnen. Im Idealfall ist es dem Borderliner dann auch möglich, sein Leben wieder komplett selbst zu gestalten und zu steuern.
In meinem nächsten Post werde ich über „Meine Maske“ berichten, wie schwer es war diese abzusetzen und mich offen mit all meinen Gefühlen zu zeigen
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